14. Protzen Open Air 2011
17.06. - 19.06.2011
Das Protzen Open Air 2011 lockte uns in diesem Jahr in die Nähe von
Berlin und ließ uns 635 km auf dem Highway verbringen. Schon seit Jahren ist
im Untergrund zu hören, dass das POA ein ganz besonderes kleines Festival
sein soll. Nette Leute, gute Musik, eine tolle Location, ein sauberer
Campingplatz und faire Preise sind nur einige Punkte, die genannt wurden.
Ein Billing mit Bands wie Grave, Interment, Diabolical, Purgatory, Suicidal
Angels, Malignant Tumöur, Milking the Goatmachine, Cliteater und weitere
Bands der Death, Thrash und Grindcore Richtung überzeugten uns den weiten
Weg auf uns zu nehmen.
Das sehr beschauliche Örtchen Protzen nahe Neuruppin mag geschätzte 500 –
700 Einwohner haben, bietet keine Einkaufsmöglichkeiten und hat neben der
einzigen Kneipe, dem Bierkeller, nicht viel zu bieten. Wenn da nicht das
Gelände „Dead land“ der Biker wäre, welches rechts ab von der langen
Hauptstraße am Ortsrand liegt. Hier hat Mario Grimmer das nunmehr 14.
Protzen Open Air auf die Beine gestellt. Im Interview erzählt der nette
Protzener mit Vollbart, Brille und langem Pferdeschwanz, dass er die ersten
5 Festivals als Fan, dann von 2002 – 2009 als Booker für die Biker am
Festival beteiligt war. Als die Biker nicht mehr weiter machen wollten,
packte er es an, um das Festival nicht sterben zu lassen und so organisiert
er seit 2010 das
Festival alleine. Viele freiwillige Helfer helfen dem
gerade vor 14 Tagen Vater gewordenen Veranstalter dabei und die Biker
bekommen für die Nutzung des Geländes Miete. Auf dem großzügigen Gelände
befindet sich der Campingplatz, ein „Hangar“, der früher für
Mähdrescherreparaturen genutzt wurde, ein Clubhaus und ein Getränkestand aus
massivem Holz. Das Kassenhäuschen ist eigentlich eine Art LKW Aufbau, der
ganzjährig auf dem Gelände schlummert. Des weiteren findet der geneigte
Banger einen Stand mit frisch gegrilltem Fleisch, einen Knobi-Brot-Stand,
eine Cuba Libré-Stand und zwei große CD- und T-Shirt-Stände. Für die Bands
gibt es eine lange Reihe an Ständen, um ihr eigenes Merchandise zu
verkaufen. Die Getränke und Essenspreise sind fair, Getränke und Müllpfand
sind bei den POA Besuchern nicht notwendig. Besonders gemütlich ist das
große Feuer in der Nacht. Hier kann man im Schein brennender Holzpaletten
sich wärmen, nett unterhalten und noch das eine oder andere Kaltgetränk
zischen.
Das POA hat, im Gegensatz zu vielen anderen Festivals, aus Erfahrung gelernt
und so ist bereits am Samstag um 23:20 Uhr Schluss mit den Bands, denn am
Ende eines Festivals sind die Leute meist zu fertig, um die Headliner nachts
um 2 Uhr auf der Bühne sehen zu wollen. Das Durchschnittsalter der POA
Besucher ist mit geschätzten 25 – 50 Jahren höher als bei vielen anderen
Festivals, was sich aber positiv auf die entspannte, friedliche und
freundliche Atmosphäre auswirkt. So sieht man nach dem Festival auf dem
gesamten Campingplatz nur sauber aufgereihte Müllsäcke und nicht eine Stelle
an der die üblichen Grind/Metal-Kids gewütet und ihren Müll verstreut haben.
Auffällig auch beim Studieren der Kutten und Jacken, dass viele der
Angereisten ihre Wurzeln im Punk und Crust haben. Gerade im Osten
Deutschlands habe sich die Metalszene nie
wirklich vom Punk gelöst, so die
Erklärung des Veranstalters eines großen Extrem-Metal-Festivals in
Thüringen. Die Nummernschilder der Autos verraten, dass die meisten Fans aus
dem nahen Berlin und der unmittelbaren Gegend angereist sind.
Erwähnenswert ist übrigens, dass die Gegend um Protzen mit den vielen Seen,
Wäldern und der nahen Stadt Neuruppin sehr attraktiv ist und zum Baden oder
einem Kurzurlaub einlädt.
So wundert es auch nicht, wenn man die Leute fragte, wieso sie auf das POA
fahren, die Antwort lautete „Protzen, das ist Familie, da kommt es gar nicht
so darauf an wer spielt“.
Kurz nach Mitternacht und Ende des offiziellen Teils des Festivals erzählt
der sichtlich zufriedene Mario Grimmer, dass er das Festival auch weiterhin
machen will und dabei nicht den Kommerz im Auge hat. „Wenn am Ende eine Null
heraus kommt und wenn die Fans am Sonntag mit einem Lächeln vom Platz
fahren, ist alles OK“.
Bericht:
Leider ist mir, wie so oft, die erste Band des Tages, Influenza Harlekin,
mit ihrem Death'n Grind entgangen, da ich gerade auf dem Campingplatz ankam,
als die Fans die Band mit Applaus verabschiedete. Schnell wurde ein schöner
Platz in der Nähe einer Schatten spendenden Baumreihe gefunden und zur
nächsten Band war ich rechtzeitig am Start.
First Aid’s Heavy Thrash á la Slayer und Kreator machte Laune und
viele Thrash Fans hatten sich jetzt im Hangar versammelt, um die 5 jungen
Kerle abzufeiern. Gerade Sänger „Keksgrinder“ besitzt eine ausnehmend gute
Thrash Metal Stimme und könnte noch eine große Metalzukunft vor sich haben.
Nach der 20-minütigen Umbaupause, die alle Bands zur Verfügung hatten, waren
die spaßigen Tschechen Malignant Tumöur an der Reihe. Wie üblich mit
Perücken und Bärten maskiert zeigten die vier Jungs wie man mit schnellen
Heavy Thrash ’n’ Roll mit Motörhead Einschlag Partystimmung verbreitet. Ab
dem 2. Song wurde ein Moshpit von vorwiegend Grindern und Alt-Punks
gestartet, der vor allem bei schnellen Songs wie „Metal Artillery“ oder
„Satan Rise“ noch mächtiger wurde und die Menge sang begeistert mit.
Malignant Tumöur waren einer der heimlichen Headliner und konnten den Hanger
zu der „frühen“ Stunde schon fasst komplett füllen. Die Tschechen, die immer
noch nach einem großen Label suchen, bedankten sich für die gute Stimmung
und dass man sie wieder nach Protzen geholt habe.
Aus dem sächsischen Nossen waren Purgatory, die erste echte Death
Metal Band des Tages, angereist. Mit fettem Sound konnten die vier netten
Kerle mit ihrem brutalen Death Metal die gut gefüllte Halle begeistern und
in den ersten Reihen ließen die Banger die Matten kreisen.
Nun waren die Schweden Diabolical dran. Der melodisch, atmosphärische
Schwedentod war wohl nicht der bevorzugte Stil des gemeinen POA Besuchers
und so mussten Diabolical vor nur einem Drittel der Fans ihr Set spielen.
Die ließen sich nicht beirren und spielten engagiert und souverän ihren Gig,
in den die Fans mit einbezogen wurden. Nach der 45-Minuten Show wurden die
Schweden mit Applaus der anwesenden Fans verabschiedet.
55 Minuten hatten nun Lay Down Rotten, um ihr Können in Sachen
Melodic Death
Metal zu zeigen. Und das gelang den Deutschen vorzüglich. Die Bude war voll
und ein, für mich überraschend, Kunstblutüberströmter Sänger Jost peitschte
die Menge mit wiederholten „Wie geht’s euch?“ Rufen auf, widmete mit den
Worten „ für die Scheiß Emo´s“ einen Song den speziellen „Freunden“. Der
neue Gitarrist Daniel "Kensington" Seifert machte als Nachfolger von
Mettgott Daniel Jakobi einen guten Job und zeigte ein sehr motiviertes
Stageacting. Während des gesamten Gigs tobte ein Moshpit aus Grindfans in
der Halle. Dies war wohl eher die Art Metal, womit sich der POA Fans
identifizieren konnte.
Der Headliner des Abends hatte 90 Minuten und war kein geringerer als das
Old School Death Metal Geschwader Grave aus Schweden. Sänger Ola konnte die
herbeigeströmten POA Besucher in seinen Bann ziehen und es gab einen der
kompromisslosen Grave Gigs auf die Ohren. Ein krönender Abschluss, wie ich
meine, auch wenn es noch nicht die letzte Band des Abends sein sollte.
In der Zwischenzeit brannte draußen ein großes Feuer, an dem sich die Fans
nun versammelten, wärmten und mit ordentlich Bier weiterfeierten. Um 1 Uhr
nachts legte mit Attacktion die „Party-Metal“-Band los und spielte bis 2
Uhr, soweit ich das draußen am Feuer biergeschwängert und in Gespräche
vertieft vernehmen konnte, Coverversionen großer Heavy-Metal-Bands
vergangener Tag sowie Eigeninterpretationen.
Aber noch sollte die Sause nicht vorbei sein, denn um Schlag 2 Uhr legte am
Feuer DJ Keksgrinder auf und so ging die Metalparty weiter bis in die frühen
Morgenstunden. Für mich war um 3 Uhr Schluss und ich suchte sehr zufrieden
nach dem ersten POA Tag mein Schlafgemach im Auto auf. In der Nacht schlug
das Wetter um und es kam einiges an Regen herunter.
Tag 2
des POA begann für mich mit mächtigen Kopfschmerzen, was wohl and
dem gestrigen Mix von Bier, Wein und Cuba Libré lag. Ich versuchte dies mit
Aspirin zu bekämpfen und machte mich erst mal auf den Weg zum Flughafen
Berlin-Tegel, um meine Freundin abzuholen. Dies und anderes führte dazu,
dass wir die erste Band des Tages Dictated verpassten.
Zur zweiten Band, den Deutschen Protection of Hate, w aren wir wieder zur
Stelle, denn der angekündigte old school Hardcore machte uns neugierig. Der
3er spielte vor relativ wenigen Fans und auch ein Moshpit wollte niemand
anzetteln. Dennoch gab es viel Applaus, wippen und Kopfnicken der
Anwesenden. Zum Schluss durften die Fans über zwei Songs abstimmen und
entschieden sich für den Song mit „Schlagzeugsolo und so’n Scheiss“.
Verstärkt um einen Gastsänger konnte der Song die Fans mitreißen und gab
einen würdigen Abschluss.
Die Black Metaller Akkrival aus Berlin haben wir dann leider verpasst, da
wir bei einem kurzen Stopp an unserem Auto von einem heftigen Wolkenbruch
überrascht wurden und wir das Unwetter im trockenen Auto abwarten mussten.
Danach folgte mit Stonerdoom ein Stilbruch. Die POA Besucher hatten damit
kein Problem und strömten in Scharen herbei, um die Holländer Toner Low zu
sehen. Obwohl man gerade an einem neuen Album arbeitet, haben sich die Drei
aus Leiden auf den Weg nach Protzen gemacht. Abgrundtiefe Gitarrenriffs
ließen den Boden erzittern, der schmächtige finstere Sänger quälte seine
Gitarre und schrie (leider viel zu leise) gelegentlich in sein Mikro, dazu
ließ Bassistin Miranda ihre beeindruckenden, über einen Meter langen, Dreadlocks fliegen. Um die Atmosphäre zu steigern wurden hinter der Band
psychedelische Videos eingespielt und zur Abdunklung das Eingangstor
herunter gelassen. Der Stonerdoom erinnerte stark an schwere und düstere
Black Sabbath Songs und auch sonst orientieren sich die Holländer seit mehr
als 12 Jahren am Musikstil und den Coverlayouts der 70er Jahre.
Einige der Bandmember von Toner Low spielen auch bei der old school Crust/Grind
Band Krush. Darauf angesprochen, erklärten die freundlichen Niederländer,
dass der langsame Doom ein guter Ausgleich zu dem sehr schnellen Crust/Grind
ist und ihnen viel Spaß macht.
Old school Schwedentod stand als nächstes auf der Running Order. Mit
Interment stand die nächste schwedische Band auf der Bühne. Vor leider nur
halb gefüllter Halle zeigten diese eine authentische coole Show. Mit recht
grellem Gitarrensound bauten die Deather eine Soundwand auf, die teilweise
schon in den Ohren weh tat. Dazu wurde während des Gigs auf der Bühne einige
Wodka-Energy mit den Worten „zum Teufel“ von Sänger Johann Jansson und
seinen Kollegen abgekippt.
Als nächstes standen die Deutschen Milking the Goatmachine mit ihrem Grind’n
Core auf der Bühne. Zu meinem Erstaunen schien dies der Headliner der Herzen
für diesen Tag zu sein, denn der Hangar füllte sich wieder bis knapp an die
Grenzen. Da der zweite Gitarrist Daniel alias „Mettgott“ am Morgen der
Abreise arge Blutdruckprobleme hatte, mussten die Jungs heute mit nur einer
Gitarre ihre Show durchziehen. Der Begeisterung der Fans tat dies keinen
Abbruch und so wurden die Jungs mit ihrem fetten Groove mächtig abgefeiert.
Die anwesende Grindfraktion zettelte ein ums andere mal einen Moshpit an,
der Rest der Fans bangte und sang lautstark die Texte mit und auch eine Wall
of Death wurde von der Band organisiert. Natürlich durften zur Belustigung
des Publikums der böse Wolf und der Henker nicht fehlen, die wieder von „Frog“
bravourös dargeboten wurden.
Weiter ging es an dem Abend mit den Holländern Cliteater. Selbstverständlich
hatten die Grindfans des POA hier wieder ihren Spaß, denn Cliteater sind
live eine Bank. Wenn Sänger Jost zu dem typischen groovy Grind á la
Cliteater growlt und schreit kann sich niemand dem Bann entziehen.
Zum Abschluss noch mal ein Richtungswechsel, denn mit den Griechen Suicidal
Angels standen nun waschechte old s chool Thrasher auf der Bühne. Die
Stimmung unter den Fans war hervorragend und genauso motiviert zeigten sich
die Griechen. Frontmann Nick Melissourgos sagte in Manier von Slayer`s Tom
Araya die Songs an, machte Stimmung und puschte das Publikum in den
Songpausen immer wieder auf. Beim Schlusssong wurden, zum Entsetzen der
Security, die Fans auf die Bühne gebeten, um mit der Band abzurocken. Mit
vielen glücklichen Trash-Metal Fans wurde somit das 14. Protzen Open Air
beendet.
Aber wie tags zuvor musste noch niemand in sein Bett oder Zelt verschwinden,
denn draußen brannte bereits das wärmende Feuer und bei Metalmusik aus der
Konserve war noch Zeit für Gespräche, rumalbern mit Bands (wie z.B. mit den
verrückten Typen von Milking the Goatmachine oder den netten Suicidal Angels)
und das eine oder andere Bierchen.
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Besondere Grüße gehen an Mario Grimmer, Mieze, Frog, Superman und Hulk
von Milking the Goatmachine, Krush/Toner Low, Suicidal Angels und dem netten
Grillmeister.
Verfasst von Pit aka UnDerTaker
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