Pure Geschwindigkeit und technische Brillianz
In der kalifornischen Bay Area wurde in den 80ern der Thrash geboren
Die Entwicklung des Thrash Metal ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte, die für einige Bands Anfang der 90er mit diversen Platin-Alben ihren Höhepunkt erlebte, sondern auch symptomatisch für die Entwicklung des Heavy Metal insgesamt. Über die Jahre sind immer neue Sprosse des alten Keims entstanden, die die strengen Schwermetall-Formeln zum Blühen brachten. Thrash ist dabei die Metal-Spielart, die den Weg aus der Underground/Tape-Szene heraus bis an die Spitze der Charts am konsequentesten vollzog.
In der Bay Area liegt zweifellos die Wiege des Thrash Metal, aus dem sich Mitte/Ende der 80er auch der Deathmetal herausbilden sollte. Unter der Sonne Kaliforniens Bands wie
Exodus, Metallica, Megadeth
und
Testament
einem beispiellosen Geschwindigkeitsrausch; gleichzeitig war Thrash aber auch eine unmittelbare Reaktion auf die Engstirnigkeit des straighten Speedmetal-Geprügels, mit dessen Weiterentwicklung sich einige Bands auch von ihren eigenen Ursprüngen distanzierten. Die erste Generation von Bay Area Thrash-Bands etablierte einen mächtigen Hybriden aus purer Geschwindigkeit, atemloser technischer Brillianz und der rohen DIY/Punk-Attitüde, wie sie zur selben Zeit in und um San Francisco herum gepflegt wurde. Die Songs wurden länger, bis hin zu 6-minütigen Epen, und komplexer. Die frühen
Metallica
-Alben z.B. hatten – gerade durch das Wechselspiel von schweren, atonalen Gitarren- und kurz aufblitzenden Melodie-Parts - fast progressive Momente, bei einem konstant irrsinigem Brutalitätslevel.
Exodus
gelten heute als die erste Bay Area Thrash-Band, obwohl ihnen nie der Erfolg von
Metallica, Megadeth
und
Sacred Reich
zuteil wurde. Ihr puristischer Thrash-Sound inspirierte jedoch Legionen von Bands und legte auch den Grundstein für die größte Thrash-( und später auch Rock-)Band aller Zeiten:
Metallica
. Noch vor ihrem Meilenstein „Bonded by Blood“ verließ Lead-Gitarrist Kirk Hammet
Exodus
, um bei
Metallica
einzusteigen. Aus
Metallica
wiederum ging im selben Jahr die dritte wegweisende Bay Area-Band hervor: 1983 verließ Dave Mustaine die Band, um kurz darauf
Megadeth
zu gründen. Es waren jedoch Metallica, die mit „...and Justice for all“ Thrash 1988 in die Charts hieven sollten. In den 90ern verwässerten dann sowohl
Metallica
als auch
Megadeth
ihren Thrash, bis die Musik schließlich in jedes Alternative Rock-Format passte.
Seine erste Zäsur erlebte Thrash durch die beiden
Slayer
-Alben „Hell Awaits“ und vor allem „Reign in Blood“.
Slayer
begingen ein Sakrileg, als sie 1985 begannen, Thrash auf das kurze Punk-Format von drei Minuten-Songs zurechtzustutzen. Diese Entschlackung verschaffte ihren Stücken jedoch eine Kompaktheit, die bis heute unerreicht bleibt. Vom Britpopper über den Jazz-Fan bis zum Kuttenträger können sich heute fast alle auf
„
Reign in Blood
“ als eines der wichtigsten Alben aller Zeiten einigen.
Slayers
Spiel hatten eine fast maschinelle Präzision erreicht; selbst die kurzen Soli und Interludes waren ultra-aggressiv bis zur Explosion.
Ab Mitte der 80er schossen Thrash-Bands dann wie Pilze aus dem Boden. Interessant waren die regionalen Auswüchse des neuen Metal-Phänomens. Die Schweiz brachte mit
Celtic Frost
und
Coroner
zwei der einflussreichsten europäischen Thrash-Bands hervor. Während
Coroner
berüchtigt waren für ihre Brutalität, machten sich
Celtic Frost
durch ihre musikalischen Experimente und vor allem dem unverwechselbaren Grunz ihres Frontmanns Tom Warrior viele Freunde – besonders in der amerikanischen Deathmetal-Szene.
Auch Deutschlands Metal-Szene erlebte in den 80ern durch einige Thrash-Bands von internationalem Kaliber einen neuen Boom.
Kreator
und
Sodom
waren aber sowohl musikalisch als auch vom imagemäßig ungleich bodenständiger als ihre amerikanischen Vorbilder. Was nichts an ihrer guten Reputation in Übersee änderte. Mit den wegweisenden
Holy Moses
brachte die deutsche Szene schließlich auch eine der besten Thrash-Bands mit einer weiblichen Shouterin hervor.
In Brasilien, traditionell ein guter Nährboden für extreme Musik, gingen
Sepultura
relativ spät, nämlich erst Ende der 80er, den umgekehrten Weg vom Death- zum Thrash Metal. „Beneath the Remains“ war so etwas wie das brasilianische „Reign in Blood“, ein blitzsauberes, makelloses Thrash-Album, das
Sepultura
in die Riege der ganz Großen hievte. Mit den folgenden Alben, insbesondere „Roots“, bewiesen sie schließlich noch einmal das innovative Potential des Thrash, als selbst Deathmetal längst schon wieder in den letzten Zügen lag.
Sepultura
gelten neben
Sacred Reich
auch als die Vorbilder des „conscious“ Thrash Metal. Die knallharte Genozid- und Kriegs-Symbolik brachen sie mit explizit-politischen Texten und Cover-Artworks auf.
Seine erste Renaissance – und gleichzeitig seinen letzten nennenswerten Höhepunkt - erlebte der Thrash Metal bereits 1992 mit einer weiteren wirkungsvollen Mutante: dem „Power Thrash“. Die ehemalige Powermetal-Band
Pantera
hatte für „Vulgar Display of Power“ ihren Sound mit Elementen des Hardcore und Thrash brutal aufgemöbelt. Die Produktion dieses Klassikers lieferte auch den Standard für eine neue Metal-Generation, die eine Akzeptanz von härterer Musik bei einem größeren Publikum wiederentdeckte.
Machine Head
profitierten mit ihren Hochglanz-Thrash von diesem Wandel; ihr Debüt „Burn my Eyes“ wies aber bereits erste Spuren dieses Konsensmetals auf, dem sich
Machine Head
oder andere extreme Bands wie der Sepultura-Nachfolger
Soulfly, Kittie
oder auch
Fear Factory
in den späten 90ern zuwandten.
Heute findet Thrash Metal in seiner ursprünglichen Form wieder ausschließlich im Independet-Bereich statt.
T H R A S H M E T A L